Warum viele Therapien nicht wirken – und was man daraus lernen kann
- info6388146
- Nov 17
- 3 min read
Psychotherapie kann ein kraftvoller Weg zur Veränderung sein, aber nicht jede Therapie führt zum gewünschten Erfolg. Viele Menschen brechen ihre Therapie vorzeitig ab oder fühlen sich trotz regelmäßiger Sitzungen nicht wirklich besser. Woran liegt das? Und was braucht es, damit Therapie wirkt?

Unrealistische Erwartungen als Stolperfalle
Ein häufiger Grund für enttäuschte Erwartungen ist ein Missverständnis über das Ziel von Psychotherapie. Manche Menschen wünschen sich eine sofortige Lösung wie bei einer Tablette, die man einnimmt und dann ist alles gut. Doch psychische Prozesse brauchen Zeit. Therapie bedeutet oft: Verlernen alter Muster, sich selbst neu begegnen, Verantwortung übernehmen. Eine Studie von Swift & Greenberg (2012) zeigt, dass etwa 20 % aller Patient*innen eine Therapie vorzeitig abbrechen – oft aus Frustration, weil Veränderung langsamer oder anders verläuft als erwartet.
Die therapeutische Beziehung ist entscheidend
Die Forschung ist eindeutig: Der wichtigste Wirkfaktor in der Psychotherapie ist die therapeutische Beziehung – noch vor der Methode. Wenn sich Patient*in und Therapeut*in nicht wirklich begegnen, wenn kein Vertrauen oder keine Passung entsteht, bleibt die Arbeit an der Oberfläche. (Norcross & Lambert, 2019)
In der Praxis bedeutet das: Auch die „beste“ Methode nützt wenig, wenn du dich nicht gesehen, gehört und verstanden fühlst. Therapie ist ein Beziehungsprozess – kein Coaching, kein Ratgeber, kein reines Technik-Set.
Innere Mitarbeit ist notwendig
Therapie funktioniert nicht im Alleingang. Veränderung entsteht, wenn du bereit bist, hinzuschauen – auch auf unangenehme Gefühle, innere Konflikte oder kindliche Muster. Gute Therapeut*innen begleiten dich dabei – aber sie können dir diesen Weg nicht abnehmen.
Der Therapieerfolg steigt laut Studien signifikant, wenn Klient*innen aktiv mitarbeiten, Aufgaben zwischen den Sitzungen umsetzen und sich auf neue Perspektiven einlassen. (Tryon & Winograd, 2011)
Methodenmüdigkeit und zu spätes Umdenken
Manche Patient*innen bleiben zu lange in einer Therapieform, die nicht (mehr) zu ihnen passt. Oder sie wechseln zu früh – und durchlaufen viele Therapien, ohne je wirklich in die Tiefe zu kommen. Wichtig ist: Therapie darf überprüft werden. Es ist kein Versagen, wenn du nach einiger Zeit feststellst, dass du andere Impulse brauchst.
Therapeut*innen, die regelmäßig Feedback einholen und offen über den Prozess sprechen, tragen nachweislich zu besseren Behandlungsergebnissen bei. (Lambert & Shimokawa, 2011)
Was du daraus lernen kannst
Sei ehrlich mit dir selbst: Möchtest du wirklich etwas verändern – oder soll sich nur das Gefühl ändern?
Sprich offen mit deiner Therapeutin über Zweifel oder Unzufriedenheit – gute Therapeut*innen begrüßen das.
Gib dir Zeit: Veränderung geschieht selten linear. Rückschritte gehören dazu.
Wähle deine Therapeutin nicht nur nach Methode, sondern nach Gefühl und Vertrauen.
Achte auf dein eigenes Engagement: Therapie ist keine Dienstleistung, sondern ein gemeinsamer Prozess.
Fazit: Therapie wirkt – aber nicht immer automatisch
Psychotherapie ist kein Wundermittel. Aber sie kann tiefgreifend verändern, wenn Beziehung, Haltung und Bereitschaft stimmen. Wenn du dich verstanden fühlst, dich einlässt und dranbleibst, kann Therapie dich zurück in deine Kraft bringen – nicht perfekt, aber echt.
Quellen:
Swift, J. K., & Greenberg, R. P. (2012). Premature discontinuation in adult psychotherapy: A meta-analysis. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 80(4), 547–559.- Norcross, J. C., & Lambert, M. J. (2019).
Psychotherapy relationships that work III. Oxford University Press.- Tryon, G. S., & Winograd, G. (2011). Goal consensus and collaboration. In J. C. Norcross (Ed.), Psychotherapy relationships that work (2nd ed.).
Lambert, M. J., & Shimokawa, K. (2011). Collecting client feedback. In J. C. Norcross (Ed.), Psychotherapy relationships that work (2nd ed.).




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