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Zwangsstörung

Wie bemerke ich eine Zwangsstörung?

Zwangsstörungen zeichnen sich durch wiederkehrende, belastende Gedanken (Zwänge) und/oder Handlungen (Zwangsrituale) aus, die sich gegen den eigenen Willen aufdrängen.

Typische Symptome:

  • Zwangsgedanken: z. B. Angst, anderen zu schaden, sich zu infizieren, etwas falsch zu machen

  • Zwangshandlungen: z. B. Kontrollieren, Waschen, Zählen, Ordnen, Berühren

  • Ausführung der Rituale zur Reduktion von Anspannung – kurzfristige Erleichterung

  • Innerer Widerstand gegen die Zwänge, aber starkes Ausführungsbedürfnis

  • Häufig hohes Schamgefühl und Rückzug

Zwänge nehmen oft viel Zeit in Anspruch und beeinträchtigen das soziale und berufliche Leben.

Wie häufig sind Zwangsstörungen?

Zwangsstörungen sind häufiger als oft angenommen – und gut behandelbar.

Laut Studien (z. B. Visser et al., 2021; WHO 2023):

  • Lebenszeitprävalenz: ca. 2–3 %

  • Erkrankungsbeginn meist im Jugendalter oder frühen Erwachsenenalter

  • Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen

  • Häufig verzögerter Behandlungsbeginn (Ø 6–8 Jahre)

 

Frühzeitige Hilfe verbessert den Langzeitverlauf erheblich.

Neurobiologie der Zwangsstörung

Zwangsstörungen gehen mit spezifischen Veränderungen in Gehirnfunktionen und -strukturen einher.

Zentrale neurobiologische Befunde:

  • Dysfunktion im kortiko-striatalen-thalamischen Regelkreis (u. a. Orbitofrontaler Kortex)

  • Überaktivität in Arealen für Fehlerkontrolle und Bewertung (ACC)

  • Dopaminerge und serotonerge Dysregulation

  • Erhöhte Aktivierung bei Ausführung oder Verhinderung von Ritualen

Die Mechanismen sind gut erforscht – Zwänge sind keine „Willensschwäche“.
 

Ursachen – Wie entstehen Zwangsstörungen?

Zwangsstörungen entstehen oft durch ein komplexes Zusammenspiel aus biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren.

Einflussfaktoren:

  • Genetische Veranlagung (familiäre Häufung)

  • Frühe Lernerfahrungen mit übermäßigem Kontroll- oder Reinlichkeitsdruck

  • Kognitive Verzerrungen (z. B. überhöhte Verantwortung, Katastrophendenken)

  • Stress, Übergänge oder belastende Lebensereignisse

  • Perfektionismus, Unsicherheitsintoleranz

Zwänge können auch im Rahmen anderer Störungen auftreten (z. B. Tic-Störungen).
 

Wie hilft Psychotherapie bei Zwangsstörungen?

Die wirksamste Behandlung ist die kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsverhinderung (ERP).

Therapiebausteine:

  • Psychoedukation: Was sind Zwänge? Wie wirken sie?

  • Konfrontation mit angstauslösenden Situationen (Exposition)

  • Verzicht auf Rituale (Reaktionsverhinderung)

  • Kognitive Arbeit an übersteigerten Bewertungen (z. B. „Wenn ich das nicht tue, passiert etwas Schlimmes“)

  • Schematherapie bei chronischen oder schambesetzten Anteilen

Das Ziel: nachhaltige Reduktion von Zwang und Rückgewinnung von Lebensqualität.

Medikamente bei Zwangsstörungen

In vielen Fällen ist eine Kombination aus Psychotherapie und medikamentöser Behandlung wirksam.

Mögliche Medikamente:

  • SSRI (z. B. Fluoxetin, Fluvoxamin, Sertralin) – oft höhere Dosierung notwendig als bei Depressionen

  • Antipsychotika als Augmentation (bei therapieresistentem Verlauf)

Medikamente sollten durch Fachärzt*innen individuell abgestimmt werden.
 

Warum ist Online-Therapie bei Zwangsstörungen sinnvoll?

Online-Therapie hat sich auch bei Zwangsstörungen als wirksam erwiesen – insbesondere bei guter therapeutischer Begleitung.

Vorteile:

  • Exposition kann direkt im häuslichen Umfeld stattfinden – dort, wo die Zwänge auftreten

  • Flexibles Setting, gute Einbindung in den Alltag

  • Studien belegen Wirksamkeit von Online-ERP-Programmen

Bitte beachten Sie: Eine akute Suizidalität stellt eine Kontraindikation für Online-Therapie dar. In solchen Fällen ist eine sofortige persönliche Abklärung über den psychiatrischen Notdienst oder im stationären Setting erforderlich.

Wann sollte man sich Hilfe holen?

Wenn Sie…

  • täglich Stunden mit Zwangsgedanken oder -handlungen verbringen

  • sich durch Zwänge im Beruf, in Beziehungen oder im Alltag eingeschränkt fühlen

  • unter starken Schuld- oder Schamgefühlen leiden

  • Ihre Zwänge zunehmend ritualisiert oder ausweiten

…unterstützt Psychotherapie gezielt dabei, Zwänge zu durchbrechen.
 

Quellen & Studien

  • Visser, H. A. et al. (2021). The efficacy of exposure and response prevention for OCD: A meta-analysis. Clinical Psychology Review.  

  • WHO (2023). Global prevalence estimates for obsessive-compulsive disorder.  

  • McGuire, J. F. et al. (2020). Advances in the neurobiology of OCD. Biological Psychiatry.  

  • Hezel, D. M. & Simpson, H. B. (2022). CBT for OCD: Review of evidence. Journal of Anxiety Disorders.  

  • NICE (2021). Obsessive-compulsive disorder and body dysmorphic disorder: Treatment guidelines.

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